Freitag, 22. Januar 2021

Ästhetik der Unterdrückten von Augusto Boal

 Buch und Theorie von Augusto Boal, noch nicht in deutsch erschienen.
Bei mir eine offene Baustelle, die ich gerne in werkstatt-Seminaren vorstelle.


Auch wenn die WeltSozialForum-Bewegung in Deutschland nicht richtig angekommen ist, weil die einzelnen Initiativen mit ihren Themen so sehr beschäftigt sind und unsere Arbeitsweisen zu differenziert sind: 

In all den Ländern, in denen nun nachhaltige Unruhen begonnen haben, zwischen Spanien und Griechenland die Müllkämpfe von Neapel ... es ist eine Frage der Bildung und neuer Kommunikationsformen.

Die Presse sieht es nur per Facebook und Twitter, wie schon damals bei Obamas Wahlkampf, und kann eine Organisation wie Community Organizing nicht nachvollziehen. Die Initiativen und Projekte denken auch nicht in verbündeten Strukturen, sondern reproduzieren die Konkurrenz des Kapitalbetriebs um die Stunden der Engagierten. Daneben grast die Konservative mit den Wohlfahrtsverbänden bei den Älteren das bürgerschaftliche Engagement mit guten Taten bei guter Rente ab, Zusatzverdienste für Geringverdienende und Rentenarme sind nicht eingeplant.

Piraten organisieren ihre Datenströme, Bedingungsloses Grundeinkommen plant die Abschaffung des belastenden Sozial-Verwaltungsstaates, die FDP senkt die Steuerfähigkeit, die Grünen und SPD steigerten grade noch die Rüstungsexporte ... wir landen eher im postmodernen Vielerlei der Konzentrationsverluste bei steigenden Konzernkonzentrationen ... 

Die perfide Anleitung zur Manipulation eines Volkes hat Noam Chomsky schon zusammengestellt: http://le-bohemien.net/2011/06/16/10-strategien-die-gesellschaft-zu-manipulieren Gehirnwäsche

 
Gleichzeitig können wir lernen, wie eine Gruppe zur Lernenden Organisation werden kann, wie eine Ästhetik der Unterdrückten zur gemeinsamen Stärke führt.


Die Ausführungen von Chomsky entsprechen dem Ansatz: http://le-bohemien.net/2011/06/16/10-strategien-die-gesellschaft-zu-manipulieren/

http://deu.anarchopedia.org/index.php?title=Die_%C3%84sthetik_der_Unterdr%C3%BCckten
Augusto Boal kämpfte in den letzen Jahrzehnten nicht mehr gegen Militärdiktaturen, sondern gegen die Vermüllung unserer Denksysteme.
Sein Buch ist noch nicht übersetzt, aber ich konnte einige Jahre seinen Gedanken folgen und sammle ein paar Assoziationen:

Jean Ziegler schreibt über die Wütenden und das Recht auf Leben:

„Und die Armen? Sie haben keine Ideologie mehr. Der Neoliberalismus hat ihnen das Gehirn leer gewaschen. Ihnen bleibt nichts als ein elementares, starkes Gerechtigkeitsgefühl, die unauslöschliche Forderung nach einem »Recht auf Leben« - eine Forderung, ähnlich den Beschwerden, die bei den Generalständen von 1789 die Allerärmsten unter den Mittellosen erhoben, all jene Elenden und Hungernden, die auf die Hinrichtung Ludwigs XVI. und die Radikalisierung der Revolution warten mussten, bevor sie die Bühne der Weltgeschichte stürmen konnten. Man nannte sie die Enragés, die Wütenden. 

Einer ihrer ersten Wortführer war der Priester Jacques Roux, und er war es auch, der als Erster vom Recht auf Leben sprach.1 “

Der ehrliche Bezug auf die Menschenrechte (nicht als Begründung für Rohstoff-Befreiungskriege) als recht auf Leben, Nahrung, Wohnen außer den kapital-geregelten Märkten ist noch nicht bei allen deformierten Denkstrukturen durchsetzbar: Wer nicht arbeitet, braucht auch nicht essen?

zur untergehenden Arbeiterkultur ...

„Die Arbeit wurde ihrer Würde beraubt, sie ist extrem gefährdet, aber gleichzeitig tun sich vor dem Erwerbstätigen schier unbegrenzte Möglichkeiten auf: Er wird im Laufe seines Lebens praktisch bruchlos von einem Beruf zum nächsten wechseln ...“2

„Philippe Zarifian gibt von den real existierenden Individuen im Zeitalter dss weltweiten Siegeszuges des globalisierten Kapitals folgende Definition: »Kümmerformen von sozialen Wesen, anfällig, geschwächt, den großen Systemen Wirtschaft, Verwaltung, Justiz hilflos ausgeliefert.«3

Saint-Just und Salvador Allende, ... Autonomie des Individuums, ...

»... Es gibt zwischen den Menschen gemeinsame Neigungen und Vorstellungen, die sich dies klarzumachen vermögen, insofern diese Neigungen in ihren sich überschneidenden Seelenregungen zueinander passen. Anstatt einander aufzuheben oder zu schwächen, verstärken sie einander und vermehren die Kraft jedes einzelnen und aller. Man darf daher vermuten, dass die Praxis der Großmut etwas Gutes ist.«4

Bewegungen wie MST, die brasilianischen Landlosen, denen der spätfeudale Großgrundbesitz immer noch die Äcker verweigert, jetzt, weil sie für Biosprit gebraucht werden könnten.

Großmut ...
Die Fronten des Widerstandes:
1.Gewerkschaften
2.Bauernbewegungen
3.Frauenrechte
4.indigene
5.Umweltbewegungen
6.soziale Bewegungen attac, NGOs zu Schuldenerlass, Kinderarbeit,ai, ...

South Group Network Harare? Das lebende Internet5
Basisdemokratie überall soziale Gleichgewichte Bewahrung öffentlicherGüter 247
Wenn sich die internationalen Waffenschieber wieder in München treffen
Kollektivgedächtnis lokal, indigen,
TINA und attac „unsterbliche Giganten“6
Weißkittel Tute Bianche
Weltsozialforen
Warnung an Hep?
Märsche, reclaim, 268 Alphabetisierung, Freire, MST 275
Beim Ökumenischen Kirchentag in München an den Empfang der Waffenschieber erinnern?

„Die Freiheit ist nur ein eitles Hirngespinst, wenn eine Klasse die andere ungestraft aushungern kann. Die Gleichheit ist nur ein eitles Hirngespinst, wenn der Reiche mithilfe seines Monopols über Leben und Tod seiner Mitmenschen entscheidet.“ Enragés 25. Juni 1793

generative Themen

Generative Themen sind bei Paulo Freire die Themen der Teilnehmenden, an denen sie selbst am höchsten motiviert sind und dadurch am besten lernen können.

In den Widerspruch gerät dies allerdings für die Vermittlung methodischen Arbeitens, wenn die Betroffenheit zu groß wird und die Lösung des Konfliktes so weit in den Vordergrund tritt, dass der Blick für die Schritte des Vorgehens verschwimmt.

Bei den Forum-Szenen lösen wir diese Spannung, in dem die Spielenden die Szene der Regie abnehmen und im Kontakt mit dem Publikum entsteht eine dritte Ebene: Andere entwickeln Verständnis für meine Lage und reagieren mit ihrer Interpretation darauf.

Arbeit am Tabu, eine Faustregel für die verschwiegenen Themen unserer Gesellschaft und Kulturen
Themen der Scham und Grenzverletzungen behandeln: Ruhe schaffen und aufmerksame Teilnahme

Gute Aufstellungen stammen aus der Familientherapie: 

http://joker-netz.de/ewnforum.htm

sie sind kein fauler Zauber und brauchen keine diktatorische oder missionarische Bewertung

Annäherung an Tabus

Wenn die TeilnehmerInnen Statuen zum Thema Unterdrückung gestalten, ist ein Teil der Bilder sehr deutlich: offene Gewalt, Polizei, Terror. Die feinere Seite der Unterdrückung bleibt oft undeutlich - verwischt: Familienszenen, Schule, Kirche, Arbeit. Nicht nur, weil diese Unterdrückungserfahrungen gleichzeitig mit positiven Anteilen besetzt sind (im Beispiel der Elternliebe etwa: Gefordert-Sein, Glaube, Anerkennung), sondern auch, weil es nicht erlaubt scheint, naher an diese Themen zu gehen. Ein vom Vater sexuell belästigtes Mädchen kann nicht einfach davon erzählen ... Es ist ein Herausbrechen von kontroversen Gefühlen, Vaterliebe und Abneigung, die zu Selbsthaß in der eigenen Sexualität verdreht wird. Mit der Zeit habe ich versucht, die tabuisierten Themen zu systematisieren. Dabei kam ich zu einer Handvoll wichtiger Bereiche, aus der ich eine "Faust-"Regel der Unterdrückung ableitete:
Daumen: Sexualität. Wir haben kaum schöne Sprache dazu, kaum Worte, keine Lernorte (Familie?). Der beste Mißbrauch des Menschen: erotisch anheizen und dann frustrieren: setztsehr viel aggressive, selbstzerstörerische Energie frei (die Funktionsweise des Militärs), abgegrenzte Homoerotik in Männerbünden, Kirchen, Feuerwehr, Fußball ... und entsprechend in Frauenkreisen? Würden sich sexuell zufriedene Menschen zu so viel Unsinn (und Unsinnlichkeit) in Selbstzerstörung und Konsum mißbrauchen lassen?
Zeigefinger: Geld. Darüber spricht man nicht, Geld hat man. Geld verdirbt die Freundschaft, unser Umgang damit wird fast nie thematisiert. Privat. Bankgeheimnis. Wieviel wir erben, zu welcher Finanzklasse wir gehören. Schon das Wort Kapitalismus war vor seinem endgültigen Sieg nicht zu benutzen: Sofort war man als Kommunist verdächtig. Es heißt "freie Marktwirtschaft". Diskrete Honorarverhandlungen runden meine Arbeit ab.
Mittelfinger: Sinn des Lebens, Religion. Entweder im konfessionellen Fertigpack (Taufe, Einweihung, Hochzeit, Beerdigung) in den Ausgaben ev./kath./Isl./jüd./ ... oder in der mühsameren Do-it-your-self-Methode a-theistischer Sinnmodelle der Menschheit bis zum immer wieder aktuellen Absurden. Die Worte dazu sind durch Pfarrer belegt und verdorben; es gibt kaum Gesprächsorte außer der Telefonseelsorge, oder wo philosophieren Menschen miteinander ausser in Primitiv-Versionen am Biertisch?
Ringfinger: Krankheit und Tod. Wenn die letzten Fragen gestellt werden: Betroffenheit, Lähmung, wenn jemand von eigenem Krebs, Aids, HiV, Leukämie erzählt; die erschreckende Aura des Selbstmordes, die Jämmerlichkeit unserer Trauer und ihre lächerlichen Formen zwischen Nachricht, Beileid und Beerdigung. Spießerpomp und Trostgefasel. Das Wort "Trauerarbeit" im Munde aller gefühlsfreien Menschen; unser Selbstmitleid als heiligste Gemütsbewegung. Selten schön ein guter Abschied.
Kleiner Finger: Anders sein als andere und nicht dazugehören, Ausländer, arm, schwul, lesbisch, behindert, Frau im Mönnerbereich und umgekehrt, nicht leistungsfähig, unsicher. Punkte, in denen wir stillschweigend die Unterordnung erkennen, uns für minder halten.
Gemeinsame Eigenschaften aller Tabus: Es fehlt die Sprache, sie wirklich treffend anzupacken; gleichzeitig liegt eine Geschwätzigkeit der Ablenkung darüber. Paulo Freire verwendet die Begriffe "Mythos" und Kultur des Schweigens": Wir haben immer gute Gründe, nicht darüber zu reden. Wenn wir es trotzdem wollen, geht es nicht: Wir kommen vom Thema ab, werden unruhig, müssen rauchen,...

Wenn wir plötzlich müde werden, gähnen, Kopfschmerzen bekommen, wenn wir auf einmal wirklich nicht mehr wissen, was wir gerade wollten: dann haben sie gut gearbeitet, unsere Polizisten im Kopf 

Dear friends,

nearly 12 years ago we had an evening circle at the international festival in toronto
to talk about the influence of Paulo Freire in our live and work.
He was the tree, we belonged to, our works are also fruits of his ideas.

Now, thinking of all the really great projects and times with Augusto Boal,
I feel connected to all of you, thinking the same way and doing the same work
at all the different countries and situations in the world.

My feelings are with all, sharing Augustos live and work,
thank you for spreading information and holding contact,
together we will carry it on for a better world for all,



Vor fast 12 Jahren hatten wir beim Festival des Theater der Unterdrückten einen Abendkreis zum Einfluss von Paulo Freire auf unser Leben und Werk.
Er war der Baum, zu dem wir gehören, unsere Arbeiten sind auch Früchte seiner Ideen.

Nun, im Gedanken an all die großen Projekte und Zeiten mit Augusto Boal,
fühle ich mich verbunden mit allen, die in dieser Art denken und die entsprechende Arbeit in all den verschiedenen Ländern und Situationen in der Welt tun.

Meine Gefühle sind mit allen, die sein Leben und seine Arbeiten teilten,
danke euch für die Weitergabe der Informationen und den Komtakt zu halten,
zusammen werden wir die Gedanken für eine bessere Welt für alle weitertragen,

Fritz Letsch

Amálgama Brasil - Augusto Boal


 



 

 

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