Buch und Theorie von Augusto Boal, noch nicht in deutsch erschienen.
Bei mir eine offene Baustelle, die ich gerne in werkstatt-Seminaren vorstelle.
Auch wenn die
WeltSozialForum-Bewegung in Deutschland nicht richtig
angekommen ist, weil die einzelnen Initiativen mit ihren Themen so sehr
beschäftigt sind und unsere Arbeitsweisen zu differenziert sind:
In all
den Ländern, in denen nun nachhaltige Unruhen begonnen haben, zwischen
Spanien und Griechenland die Müllkämpfe von Neapel ... es ist eine Frage
der Bildung und neuer Kommunikationsformen.
Die Presse sieht es nur per Facebook und Twitter, wie schon damals bei
Obamas Wahlkampf, und kann eine Organisation wie Community Organizing
nicht nachvollziehen. Die Initiativen und Projekte denken auch nicht in
verbündeten Strukturen, sondern reproduzieren die Konkurrenz des
Kapitalbetriebs um die Stunden der Engagierten. Daneben grast die
Konservative mit den Wohlfahrtsverbänden bei den Älteren das
bürgerschaftliche Engagement mit guten Taten bei guter Rente ab,
Zusatzverdienste für Geringverdienende und Rentenarme sind nicht
eingeplant.
Piraten organisieren ihre Datenströme, Bedingungsloses Grundeinkommen
plant die Abschaffung des belastenden Sozial-Verwaltungsstaates, die FDP
senkt die Steuerfähigkeit, die Grünen und SPD steigerten grade noch die
Rüstungsexporte ... wir landen eher im postmodernen Vielerlei der
Konzentrationsverluste bei steigenden Konzernkonzentrationen ...
Die
perfide Anleitung zur Manipulation eines Volkes hat Noam Chomsky schon
zusammengestellt: http://le-bohemien.net/2011/06/16/10-strategien-die-gesellschaft-zu-manipulieren Gehirnwäsche
Gleichzeitig können wir lernen, wie eine Gruppe zur Lernenden
Organisation werden kann, wie eine Ästhetik der Unterdrückten zur
gemeinsamen Stärke führt.
Die Ausführungen von Chomsky entsprechen dem Ansatz:
http://le-bohemien.net/2011/06/16/10-strategien-die-gesellschaft-zu-manipulieren/
http://deu.anarchopedia.org/index.php?title=Die_%C3%84sthetik_der_Unterdr%C3%BCckten
Augusto Boal kämpfte in den letzen Jahrzehnten nicht mehr gegen Militärdiktaturen, sondern gegen die Vermüllung unserer Denksysteme.
Sein Buch ist noch nicht übersetzt, aber ich konnte einige Jahre seinen Gedanken folgen und sammle ein paar Assoziationen:
Jean Ziegler schreibt über die Wütenden und das Recht auf Leben:
„Und die Armen? Sie haben keine Ideologie mehr. Der Neoliberalismus hat
ihnen das Gehirn leer gewaschen. Ihnen bleibt nichts als ein
elementares, starkes Gerechtigkeitsgefühl, die unauslöschliche Forderung
nach einem »Recht auf Leben« - eine Forderung, ähnlich den Beschwerden,
die bei den Generalständen von 1789 die Allerärmsten unter den
Mittellosen erhoben, all jene Elenden und Hungernden, die auf die
Hinrichtung Ludwigs XVI. und die Radikalisierung der Revolution warten
mussten, bevor sie die Bühne der Weltgeschichte stürmen konnten. Man
nannte sie die Enragés, die Wütenden.
Einer ihrer ersten Wortführer war
der Priester Jacques Roux, und er war es auch, der als Erster vom Recht
auf Leben sprach.1 “
Der ehrliche Bezug auf die Menschenrechte (nicht als Begründung für
Rohstoff-Befreiungskriege) als recht auf Leben, Nahrung, Wohnen außer
den kapital-geregelten Märkten ist noch nicht bei allen deformierten
Denkstrukturen durchsetzbar: Wer nicht arbeitet, braucht auch nicht
essen?
zur untergehenden Arbeiterkultur ...
„Die Arbeit wurde ihrer Würde beraubt, sie ist extrem gefährdet, aber
gleichzeitig tun sich vor dem Erwerbstätigen schier unbegrenzte
Möglichkeiten auf: Er wird im Laufe seines Lebens praktisch bruchlos von
einem Beruf zum nächsten wechseln ...“2
„Philippe Zarifian gibt von den real existierenden Individuen im
Zeitalter dss weltweiten Siegeszuges des globalisierten Kapitals
folgende Definition: »Kümmerformen von sozialen Wesen, anfällig,
geschwächt, den großen Systemen Wirtschaft, Verwaltung, Justiz hilflos
ausgeliefert.«3
Saint-Just und Salvador Allende, ... Autonomie des Individuums, ...
»... Es gibt zwischen den Menschen gemeinsame Neigungen und
Vorstellungen, die sich dies klarzumachen vermögen, insofern diese
Neigungen in ihren sich überschneidenden Seelenregungen zueinander
passen. Anstatt einander aufzuheben oder zu schwächen, verstärken sie
einander und vermehren die Kraft jedes einzelnen und aller. Man darf
daher vermuten, dass die Praxis der Großmut etwas Gutes ist.«4
Bewegungen wie MST, die brasilianischen Landlosen, denen der
spätfeudale Großgrundbesitz immer noch die Äcker verweigert, jetzt, weil
sie für Biosprit gebraucht werden könnten.
Großmut ...
Die Fronten des Widerstandes:
1.Gewerkschaften
2.Bauernbewegungen
3.Frauenrechte
4.indigene
5.Umweltbewegungen
6.soziale Bewegungen attac, NGOs zu Schuldenerlass, Kinderarbeit,ai, ...
South Group Network Harare? Das lebende Internet5
Basisdemokratie überall soziale Gleichgewichte Bewahrung öffentlicherGüter 247
Wenn sich die internationalen Waffenschieber wieder in München treffen
Kollektivgedächtnis lokal, indigen,
TINA und attac „unsterbliche Giganten“6
Weißkittel Tute Bianche
Weltsozialforen
Warnung an Hep?
Märsche, reclaim, 268 Alphabetisierung, Freire, MST 275
Beim Ökumenischen Kirchentag in München an den Empfang der Waffenschieber erinnern?
„Die Freiheit ist nur ein eitles Hirngespinst, wenn eine Klasse die
andere ungestraft aushungern kann. Die Gleichheit ist nur ein eitles
Hirngespinst, wenn der Reiche mithilfe seines Monopols über Leben und
Tod seiner Mitmenschen entscheidet.“ Enragés 25. Juni 1793
Annäherung an Tabus
Wenn die
TeilnehmerInnen Statuen zum Thema Unterdrückung gestalten, ist ein Teil
der Bilder sehr deutlich: offene Gewalt, Polizei, Terror. Die feinere
Seite der Unterdrückung bleibt oft undeutlich - verwischt:
Familienszenen, Schule, Kirche, Arbeit. Nicht nur, weil diese
Unterdrückungserfahrungen gleichzeitig mit positiven Anteilen besetzt
sind (im Beispiel der Elternliebe etwa: Gefordert-Sein, Glaube,
Anerkennung), sondern auch, weil es nicht erlaubt scheint, naher an
diese Themen zu gehen. Ein vom Vater sexuell belästigtes Mädchen kann
nicht einfach davon erzählen ... Es ist ein Herausbrechen von
kontroversen Gefühlen, Vaterliebe und Abneigung, die zu Selbsthaß in der
eigenen Sexualität verdreht wird. Mit der Zeit habe ich versucht, die
tabuisierten Themen zu systematisieren. Dabei kam ich zu einer Handvoll
wichtiger Bereiche, aus der ich eine "Faust-"Regel der Unterdrückung
ableitete:
Daumen:
Sexualität. Wir haben kaum schöne Sprache dazu, kaum Worte, keine
Lernorte (Familie?). Der beste Mißbrauch des Menschen: erotisch anheizen
und dann frustrieren: setztsehr viel aggressive, selbstzerstörerische
Energie frei (die Funktionsweise des Militärs), abgegrenzte Homoerotik
in Männerbünden, Kirchen, Feuerwehr, Fußball ... und entsprechend in
Frauenkreisen? Würden sich sexuell zufriedene Menschen zu so viel Unsinn
(und Unsinnlichkeit) in Selbstzerstörung und Konsum mißbrauchen lassen?
Zeigefinger:
Geld. Darüber spricht man nicht, Geld hat man. Geld verdirbt die
Freundschaft, unser Umgang damit wird fast nie thematisiert. Privat.
Bankgeheimnis. Wieviel wir erben, zu welcher Finanzklasse wir gehören.
Schon das Wort Kapitalismus war vor seinem endgültigen Sieg nicht zu
benutzen: Sofort war man als Kommunist verdächtig. Es heißt "freie
Marktwirtschaft". Diskrete Honorarverhandlungen runden meine Arbeit ab.
Mittelfinger: Sinn
des Lebens, Religion. Entweder im konfessionellen Fertigpack (Taufe,
Einweihung, Hochzeit, Beerdigung) in den Ausgaben ev./kath./Isl./jüd./
... oder in der mühsameren Do-it-your-self-Methode a-theistischer
Sinnmodelle der Menschheit bis zum immer wieder aktuellen Absurden. Die
Worte dazu sind durch Pfarrer belegt und verdorben; es gibt kaum
Gesprächsorte außer der Telefonseelsorge, oder wo philosophieren
Menschen miteinander ausser in Primitiv-Versionen am Biertisch?
Ringfinger:
Krankheit und Tod. Wenn die letzten Fragen gestellt werden:
Betroffenheit, Lähmung, wenn jemand von eigenem Krebs, Aids, HiV,
Leukämie erzählt; die erschreckende Aura des Selbstmordes, die
Jämmerlichkeit unserer Trauer und ihre lächerlichen Formen zwischen
Nachricht, Beileid und Beerdigung. Spießerpomp und Trostgefasel. Das
Wort "Trauerarbeit" im Munde aller gefühlsfreien Menschen; unser
Selbstmitleid als heiligste Gemütsbewegung. Selten schön ein guter
Abschied.
Kleiner Finger:
Anders sein als andere und nicht dazugehören, Ausländer, arm, schwul,
lesbisch, behindert, Frau im Mönnerbereich und umgekehrt, nicht
leistungsfähig, unsicher. Punkte, in denen wir stillschweigend die
Unterordnung erkennen, uns für minder halten.
Gemeinsame Eigenschaften aller Tabus:
Es fehlt die Sprache, sie wirklich treffend anzupacken; gleichzeitig
liegt eine Geschwätzigkeit der Ablenkung darüber. Paulo Freire verwendet
die Begriffe "Mythos" und Kultur des Schweigens": Wir haben immer gute
Gründe, nicht darüber zu reden. Wenn wir es trotzdem wollen, geht es
nicht: Wir kommen vom Thema ab, werden unruhig, müssen rauchen,... Wenn
wir plötzlich müde werden, gähnen, Kopfschmerzen bekommen, wenn wir auf
einmal wirklich nicht mehr wissen, was wir gerade wollten: dann haben
sie gut gearbeitet, unsere Polizisten im Kopf