Mittwoch, 13. Dezember 2023

Dialog geht nicht von oben nach unten


Dialog geht nicht von oben nach unten

seit den siebziger Jahren ...
Theater lebt in unserer traditionalen klassischen Form von der Trennung in Bühne als magischen Raum und (nur) zusehendes Publikum. Was oberhalb der Rampe passiert, ist vorbereitet, heiliges Ritual, dramatischer Bogen, darf nicht gestört werden. Das von oben Kommende ist heilig, das Publikum unten darf klatschen.
Brecht versuchte, die emanzipatorischen Impulse seiner Zeit aufzugreifen und suchte nach Wegen, von dieser klassischen Form zu neuen, dialogischen Formen zu kommen. Bekannt wurde vor allem das Verfremden, nicht gläubige Inszenierungen auf die Bühne zu bringen, sondern brüchige, in der Struktur und Machart durchsichtige Stücke, die die Zusehenden zur Auseinandersetzung anregen sollten.
Jahre später führten andere seine Versuche fort: Die manchmal fast schon verzweifelt wirkenden Kontaktversuche des action-theater z.B. bei Rainer Werner Fassbinder[[#sdfootnote1sym|1]] und seiner Gruppe, die vor allem in Handke's Publikumsbeschimpfung das Publikum in den Stücken zu Reaktionen bringen sollten, achteten in ihrem jugendlichen Sendungsbewusstsein nicht so sehr auf das Macht-Gefälle, das über die Rampe kommt: Wer oben steht, hat Vorteile ...
Die Inszenierungen der nordamerikanischen Gruppen der Off-Off-Broadway-Theater und ihre Inspiratoren aus der Beat-Generation wurden durch die Anti-Vietnam-Kriegs-Bewegung auch hier bekannt:
"Eine Demonstration ist eine Theaterveranstaltung. Der Lebensstil, die Energie und die Freude der Demonstration können zu einem beispielhaften Schauspiel gemacht werden: wie man Situationen von Angst oder Furcht oder Drohung handhabt." Allen Ginsberg[[#sdfootnote2sym|2]]
[[#sdfootnote1anc|1]] Nach "Das ganz normale Chaos, Gespräche über Rainer Werner Fassbinder", Hg. von Juliane Lorenz, Berlin 1995
[[#sdfootnote2anc|2]] in: Jens Heilmeyer, Pea Fröhlich: now, Theater der Erfahrung, Material zur neuen amerikanischen Theaterbewegung, Köln 1971

Die Verwandtschaft von Gestalt und Forum-TheaterTheater der Unterdrückten und die Gestalt-Therapie

 

Theater für Dialog

Das Theater hat seit der griechischen Antike die Aufgabe, gesellschaftliche Fragen in die Mitte zu stellen und zu bearbeiten. Das unterhaltsame, aber oft nur wenig tiefgehende "schöne" Theater der heutigen Stadt- und Staatsbühnen lässt uns entsprechend unzufrieden zurück, wenn es nicht die kritischen Themen der jetzigen Gesellschaft berührt.

Theater für ethische Dilemma

Gute Autoren haben immer die Tabus und heiklen Entwicklungen angesprochen, heute macht das schon fast das allgemeine Marketing: Geiz, Gier, Raff- und Schnäppchensucht, Doppelmoral, Religionsrechthaberei, Rüstungsgeschäfte ...
Theater kann diese Situationen in die Geschichte eines persönlichen Dilemma bringen, in dem die Werte einer Person und ihre Wahrnehmung der Wirklichkeit mit-spürbar und nachvollziehbar werden.
Im Forumtheater ist es besonders gut möglich, dass die Teilnehmenden eines Workshops in kurzer Zeit ihre eigenen Themen auf die Bühne bringen.In seiner Zeit suchte Brecht nach solchen Methoden, der Brasilianer Augusto Boal hatte in den sechziger Jahren die Möglichkeit, diese Arbeit in südamerikanischen Ländern aufzugreifen und fortzuführen.

ethischer Dialog

Eine Szene endet erst einmal so, wie sie als unzufrieden empfunden wurde. Joker / Spielleitende stellen den Dialog zwischen Theatergruppe und Publikum her: Habt ihr die Motivation verstanden, was an der Situation möchtet ihr ändern? Wer eine Idee hat oder die Situation erproben will, kann die Rolle der Person "unter Druck" übernehmen und seine Lösung versuchen.

Kriterien der Kommunikation

In den Szenen stehen oft private Themen im Vordergrund, aber mit etwas System finden wir schnell die Tabus dahinter, die Ängste und Begrenzungen, darüber frei zu kommunizieren.
Maslow hatte ein System der Bedürfnisse, eine Pyramide, entworfen, um darzustellen, worum es uns zuerst geht: Nahrung und Kleidung, Überleben der Familie, der Firma, der Gesellschaft, dann kommen Gefühle wie Gerechtigkeit und die Situation der Welt.
In der professionellen Welt sind die Tabus enger angelegt:
Die Frage, wie und zu welchen Themen in einer Firma kommuniziert wird, und welche Verantwortung das Managementr tasächlich übernimmt, lässt sich an ausgefeilteren Kriterien selbst untersuchen: www.business-in-resonanz.de und www.valucentre.com

Robert Jungk 

Robert Jungk wird am 11. 5. 1913 in der Amtswohnung seines Vaters, des Dramaturgen, Schauspielers und Regisseurs Max Jungk (Künstlername für David Baum, 1872-1937) in Berlin geboren. Seine Mutter, die Schauspielerin Elli Branden (eigentlich Sara Bravo, 1885-1948), steht noch am Vorabend seiner Geburt auf der Bühne

1920
Eintritt in die Sexta des humanistischen Mommsen-Gymnasiums (Berlin-Charlottenburg)

1923-1933
Wichtiger als der Schuleintritt: die Teilnahme an der antibürgerlichen deutsch-jüdischen Jugendbewegung Kameraden, deutsch-jüdischer Wanderbund

1929
Mitarbeit im Sozialistischen Schülerbund (SSB) und der Internationalen Arbeiterhilfe (IAH), Ehrenvorsitzende und Organisatorin Clara Zetkin.

1930
Vorsitzender der Schulgemeinde (Schülerselbstverwaltung seiner Schule)

1932
Abitur (Arbeit über Ricarda Huch und die deutsche Romantik).
Assistent des Filmregisseurs Richard Oswald.
Häufige Kontakte zum „Gegner“kreis (Harro Schulze-Boysen u.a.).

1933
Verhaftung am Tage nach dem Reichstagsbrand, Befreiung durch Sven Schacht, einem Neffen Hjalmar Schachts. Abreise ins Exil auf dem Kollektivpass einer Skigruppe. Nach Abwarten in Seefeld (Tirol) Ein Jahr danach Ausbürgerung. Auswanderung nach Paris Anfang Mai 1933

1933-35
Studium an der Sorbonne (Psychologie und Soziologie).
Mitarbeit an Filmen von G.W. Papst, Max Ophüls, E. Charell. Mitarbeit am Dokumentarfilm über das Straßburger Münster mit Ludwig Bamberger.
Gelegentlich journalistische Arbeiten bei der „Agence Europeenne de la Press“, Paris.

1935-36
Ab Juni 35 Filmarbeit in Barcelona an einem Dokumentarfilm über die „Sagrada Familia“. (Erhielt unter dem Titel „Simbolos Eternos“ den katalanischen Staatspreis.)
1936: Wegen Erkrankung illegale Einreise nach Deutschland. Zusammenarbeit mit einer illegalen Artikelagentur, illegale Kurierdienste. Verbindung mit der Widerstandsgruppe „Neu Beginnen“.

1937
Nach Auffliegen des Artikeldienstes illegal über die „grüne“ Grenze in die Tschechoslowakei.
In Prag ab Frühjahr 1937: Kritischer Pressedienst in deutscher Sprache „heute aktuell“; Beginn der Freundschaft mit  Peter Weiss; Gespräche u.a. über Harro Schulze-Boysen und den Widerstand in Deutschland.

Während Robert Jungk sich von den zerstrittenen Gruppierungen der politischen Emigration fernhielt, pflegte er intensiven Kontakt zur Gruppe marxistischer Psychoanalytiker um Otto Fenichel und Steffi Bornstein.[2]

Im Mai 1938 wich er vor der drohenden deutschen Okkupation nach Zürich aus. Wilhelm Reichs Buch Massenpsychologie des Faschismus hatte ihn dazu angeregt, eine historische Doktorarbeit „über die seelischen Gründe des Zusammenbruchs großer Reiche“ zu schreiben. Die ablehnende Reaktion des Doktorvaters Karl Meyer beendete zunächst Jungks akademische Ambitionen.[3] Stattdessen wirkte er vorübergehend am Aufbau eines Pressedienstes in London mit. 1939 bis 1945 arbeitete er für schweizerische Tages- und Wochenzeitungen unter verschiedenen Pseudonymen, insbesondere als F. L. für die Weltwoche. Im Juni 1943 drohte ihm die Abschiebung nach Deutschland, erst die Fürsprache Emil Oprechts und anderer führte zu einer Internierung, erst in der Strafanstalt St. Gallen, dann im Arbeitslager Möhlin, schließlich auf Schloss Burg im Leimental.

1938
Sommer 1938: Nach Drohungen von sudetendeutscher Seite Verlegung des Pressedienstes nach Paris. Weiterarbeit unter dem Titel „Mondial Press“. Gründung des Pressedienstes „Air Mail Press“ in London.
Frühjahr 1939: Wiederaufnahme des Studiums in Zürich (Hauptfach Geschichte).

1939-45
Von der Fremdenpolizei nicht erlaubte Mitarbeit an Schweizer Zeitungen und Wochenzeitungen unter verschiedenen Pseudonymen. Besonders beachtet wurden die mit F.L. gezeichneten Artikel gegen das Dritte Reich in der „Weltwoche“.
1943: Ausweisung und mehrmonatige Internierung.
ab 1944: Korrespondent des „Observer“ (London) in Bern; Zusammenarbeit mit der US-Botschaft (deutsche Sendungen der „Stimme Amerikas“) und Ausarbeitung von Nachkriegsplänen; Studienabschluss (Dr. phil) in Zürich.
Ab Kriegsende (Sept. 1945): Korrespondententätigkeit für die „Weltwoche“ (Zürich); Berichterstattung aus Deutschland (u.a. Nürnberger Prozesse), Frankreich, England, Italien.

Sept. 1946 Sechs Wochen als Korrespondent der „Weltwoche“ in den USA.

1946-47 Korrespondent für Schweizer Zeitungen, Hauptsitz Paris.

1948 Korrespondent für Schweizer Zeitungen in New York bei den UN und in Washington.
21.4.1948: Heirat mit Ruth Suschitzky in Washington. Recherchen für das Amerikabuch.

1949-1951 Wohnsitzverlegung nach Los Angeles; Korrespondententätigkeit für Schweizer, deutsche, holländische, französische Publikationen.

1952 „Die Zukunft hat schon begonnen“ (Bern). Geburt des Sohnes Peter Stephan Jungk.

1953 Korrespondententätigkeit in Los Angeles.

1954 Recherchen für „Heller als tausend Sonnen“ in Europa.

1955 Recherchen für „Heller als tausend Sonnen“ in USA.

1956 Buch „Heller als tausend Sonnen“ (Bern). Erste Reise nach Hiroshima.

1957 Domizil in Wien.

1958 Buch „Strahlen aus der Asche“ (Bern). Aktive Beteiligung an der Bewegung „Kampf dem Atomtod“. Aktiv in der Ostermarsch-Bewegung für Demokratie und Abrüstung.

1960 Vorsitzender der österreichischen Anti-Atombewegung. Freundschaft mit Günther Anders – „Charta der Hoffnung“ (London).

1964 Gründung des „Instituts für Zukunftsfragen“ in Wien.

1966 Buch „Die große Maschine“ (Bern).

1967 Gründung von „Mankind 2000“ (London) und (in Zusammenarbeit mit James Wellesley-Wesley sowie Johan Galtung) Organisation der ersten Weltkonferenz für Zukunftsforschung in Oslo; Herausgeber der Buch- Reihe „Modelle für eine neue Welt“ (München) mit H. J. Mundt.

1968 Berufung zu Gastvorlesungen über Zukunftsforschung an die Technische Universität Berlin.

1970 Domizil in Salzburg. Ernennung zum Honorarprofessor an der TU Berlin mit Vorlesungsverpflichtung für das neue Fach „Zukunftsforschung“.

1973 Buch „Der Jahrtausendmensch“ (München).

1977 Buch „Der Atomstaat“ (München). Mitarbeit beim Internationalen Russell-Tribunal.

1978 Mitherausgeber „Enzyklopädie der Zukunft“.

Ab 1980 Aktiv in der Friedensbewegung. Buch „Zukunftswerkstätten“ (Hamburg) mit Norbert R. Müllert.

1982 Buch „Menschenbeben“ (München). Sprecher auf der Massenkundgebung der Friedensbewegung am 10.10. in Bonn.

1985 Teilnahme an der Blockade in Mutlangen.

1986 Okt. 1986: Eröffnung der Robert-Jungk-Stiftung / „Internationale Bibliothek für Zukunftsfragen“ in Salzburg. Buch „Und Wasser bricht den Stein“ (Freiburg). Dez: Verleihung des „Alternativen Nobelpreises“ Right Livelihood Award in Stockholm.

1987 Nach 14jähriger Tätigkeit als Kolumnist („Politik und Wissenschaft“) bei der Zeitschrift „bild der wissenschaft“ Hinauswurf wegen unliebsamer öffentlicher Äußerungen bei einer Kundgebung gegen die Plutoniumfabrik in Hanau.

1988 Buch „Projekt Ermutigung“ (Berlin).

1989 Ernennung zum achten Ehrenbürger Salzburgs.

1990 Herausgeber „Katalog der Hoffnung – 51 Modelle für die Zukunft“. Buch „Zukunft zwischen Angst und Hoffnung“ (München).

Dez. 1991 Kandidatur für das Amt des österreichischen Bundespräsidenten.

Juni 1992 Verleihung des „Alternativen Büchnerpreises“ in Darmstadt.

1993 Jänner 1993:   Verleihung der Ehrendoktorwürde durch die Universität Osnabrück
April 1993: Autobiographie „Trotzdem. Mein Leben für die Zukunft.“ (München).
Mai 1993: Verleihung des Österreichischen Ehrenkreuzes für Wissenschaft und Kunst anlässlich des 80. Geburtstages. Juni 1993: Schwere Erkrankung.

14. Juli 1994 Robert Jungk stirbt in Salzburg. Beisetzung auf dem Jüdischen Friedhof in einem Ehrengrab der Stadt Salzburg

Mehr zu Robert Jungk

Zitate von Robert Jungk aus seinen Büchern und anderen Publikationen sowie eine umfangreiche LINK-Sammlung sind zu finden unter der Website zur Vernetzung der Zukunftswerkstätten

LINK-Sammlung auf www.zwnetz.de
Zitatesammlung auf www.zwnetz.de

Montag, 14. Juni 2021

Alphabetisierung und Paulo Freire: Yo Sí Puedo auf Cuba von Ruth Ratcliffe

 

Ruth RatcliffeUniversity of Newcastle Graduate Student

www.academia.edu/11213657/Functional_and_Critical_Literacy_in_Yo_Sí_Puedo
_An_examination_of_Cuba_s_Literacy_Program_Through_a_Freirean_Lens

Das Alphabetisierungsprogramm für Erwachsene Yo Sí Puedo hat schätzungsweise 5 Millionen Menschen, überwiegend, aber nicht ausschließlich im Globalen Süden, das Lesen und Schreiben beigebracht, doch ist bemerkenswert wenig über diese verschiedenen Kampagnen geschrieben worden.

Diese Forschung stützt sich auf die Arbeiten von Paulo Freire, um sowohl die bahnbrechende kubanische Nationale Alphabetisierungs-Kampagne von 1961 als einen bedeutenden Einfluss auf YSP als auch die akademische Literatur zu zeitgenössischen YSP-Kampagnen in 4 verschiedenen Umgebungen zu analysieren: Bolivien, Timor Leste, Aotearoa, Neuseeland und Australien. 

Ein Freire-Rahmen, der die Wechselbeziehungen zwischen Unterdrückung, Befreiung und Bildung hervorhebt; dialogische und problemorientierte Bildung und eine spezifische Form der Bewusstseinsbildung im sozialen Kampf werden verwendet, um die YSP-Kampagnen zu analysieren und eine Reihe von Schlussfolgerungen zu ziehen, wie YSP sowohl in Bezug auf traditionelle Modelle funktionaler Alphabetisierung als auch in Bezug auf ihre Fähigkeit, zu einer Form beizutragen, charakterisiert werden kann kritischer und transformativer Kompetenz. 

Die einzigartigen und ungleichen Beiträge der kubanischen Revolution zu Bildung und internationaler Solidarität werden im Kontext der Entwicklung von ALBA als alternativer Pol der internationalen Zusammenarbeit betrachtet, der möglicherweise einen Weg weg von verschiedenen wirtschaftlichen und ökologischen Krisen bietet.

Auf Wunsch übersetzte PDF per mail

 

Freitag, 22. Januar 2021

Community Care: Rudel oder Schwarm? Hornisse oder Wespe?


 Reiner Text: community_care

Rudel oder Schwarm? Hornisse oder Wespe?

 

Unsere Menschen- und Tierbilder
und die Assoziationen zu unserer Situation und Zukunft.

Die meisten Vergleiche und Beispiele, die Menschen aus dem Tierreich anführen, sagen mehr über sie selbst aus, als sie den Arten oder der Biologie gerecht werden.

Eine Bewegung, die zur Zeit sowohl künstlerisch als auch politisch unser Sozialverhalten anregen und per SMS, twitter und ähnlichem steuern möchte, dreht sich um den Schwarm als Bild für Selbstorganisation in der Natur: Bienen und Vögel sowie die Fische können es, aber kann der Mensch mehr als Sommerschlussverkauf und Urlaubsstau? Können wir Schwarm-Verhalten und lernen und was macht es mit uns?

Die Schwarm-Intelligenz und unsere Selbstorganisation
Wenn Tiere unterwegs sind, können sie sich in einer Art abstimmen, wie es der Mensch nur nach Training hinbekommt: Im Musik- oder Theaterspiel die eigene Situation und Rolle sehen und gleichzeitig die der Anderen, und dies aufeinander abstimmen: Das kommt beim Publikum als gelungenes Ensemble an.

Ähnlich schwärmerisch blicken wir auf Vogelschwärme, wenn uns nicht Hitchcock in die Quere kommt, und Swimmy hat es bis in die Bilderbücher gebracht: Als kleiner Fisch den Schwarm organisieren, um nicht mehr Angst vor den großen Fischen haben zu müssen.

Davon würden in unserer Situation auch viele träumen, mit einer ganzen Schar von Raubfischen in den Regierungen.

Der Mensch ist nicht nur ein Familien- und Herdentier, er ist auch Wolf und Rudeltier.
Das Leben scheint mir in unserer Gesellschaft nicht so sehr auf Schwärme angelegt, so gern ich das hätte, ich erlebe in Gesellschaft, Sport und Spiel mehr Rudel-Verhalten und das entsprechende Training, ohne daß die Varianten sehr bewußt gewechselt werden.

Fußball als staatstragender Sport, die anderen Wettkämpfe zum Teil in MANNschaften, das Zusammenspiel des Rudels wird ständig geübt: Mannschaftskapitän und Leitwolf, bis zu den Cheerleadern am Rande: Alle wollen, dass der Gegner erlegt wird, ausgeschlachtet, auch wenn da manche Rituale nicht mehr sooo blutig sind ...

In den Betriebshierarchien wird viel vom Team geredet, aber wenig tatsächlich gelebt: Es geht um Leiten und Ziele setzen, Ziele erreichen, aber wenig um tatsächlich langfristige Zusammenarbeiten, freie Vereinbarungen. Glücklich, wer ein gutes Kollegium auf längere Zeit genießen kann!

Wie die gutmütige Hummel des Open Space zur Wespe wurde
In einem Open Space zur Entwicklung der Gemeinsinn-Werkstatt gab es einmal so nette liebevoll Moderierende, dass es mir zu viel wurde: Vor lauter Freundlichkeit wurde alles so nett, dass ein irreales Gefühl aufkam, in einer besseren Welt zu sitzen und das da draussen nicht mehr bearbeiten zu können. So kam der Wunsch nach einer Wespe auf, die auch mal den Stachel zeigen kann, um sich zu wehren, statt nur hummelig die Pollen von Blüte zu Blüte zu tragen. Eine Kollegin malte sie auch gleich als hervorragendes Plakat, und mir sind die Wespen in guter Erinnerung, im Open Space auch mit energischeren Impulsen zu moderieren, wenn nötig.

Die Mutation der Wespe zur Hornisse: Lust auf Power?
Verwundert war ich, wie die Wespe nun im zeitlichen Abstand zur Hornisse mutierte: Grösser geworden, bedrohlicher, befremdlicher, seltener, aber immerhin schützenswert ... Die Gefahr ist allerdings wirklich groß, wenn sie sich bedroht fühlt, und mein bäuerlicher Onkel meinte, drei Hornissen könnten ein Pferd töten ... Wespen sind da lächerlich dagegen.

Was ist die Lust an so großer Kraft, an so gefährlichem Einsatz? Oder sind es nur die Scheinriesen wie bei Jim Knopf, die im größeren Abstand immer noch größer werden. Dann sollten wir mal auf sie zugehen, bis sie Normalmaß bekommen.

Vom Care zur Macht: Ehrenamts-Schmiere für den Kapitalismus
Im Care hat sich die gute alte Fürsorge versteckt, die so oft übergriffig die Dinge der Machtlosen regelt, und dabei ein Caritas-Mäntelchen der guten Taten trägt. Die Politiker haben auch seit Jahren die Ehrenämter als Spar- und Beschäftigungsmodell entdeckt, und ganz schnell verteufelt wird, wer aus der Arbeit am Gemeinsamen dann auch Beteiligungsrechte ableiten will.

Das könnte auch eine unserer Entwicklungsbremsen gewesen sein: Wie gut kommen wir an die alten Netzwerke der Macht und wie können wir eine offenere Beteiligung und entsprechende Rechte für die Aktiven sichern? Sind die alten Netzwerke unsere Auftraggebenden, dann sinken damit die Auftragschancen, sind es die Neuen, kommen sie an den Kern?

Gemeinsinn zur Bürgerorganisation befreien?
Bei Saul Alinski, Obama und KollegInnen können wir sehen, wie immer wieder ein Anlauf gelingen kann, bringt er nur genug Ärger, Hoffnung und Veränderungswillen auf den Punkt.

Bei uns erlebe ich immer noch ein stilles Staunen über den Wahlausgang, den geistigen Untergang der SPD und die Kriegsbeteiligung der Grünen, die jetzt von den Reaktionären mit Öko-Sprüchen überholt werden.

so, müde, Pause. Weitere Gliederungspunkte, Fertigstellung nur gegen Honorar.

Stadtteilarbeit und Fürsorge im Widerspruch
Parteien, Politiker und Selbstorganisation
Interessen, Macht und Zukunftsfähigkeit


Schwarm-Intelligenz und soziale Bewegungen
Rudel-Verhalten in Firmen und Parteien
Selbstsorge und gemeinsame Interessen

Soziales Wirken von Firmen
Fortbildung in community und SINN
Spur- und Seitenwechsel: Lernfelder

Co-Working und neue gemeinsame Selbständigkeit
Barcamp, Juniorfirma und gemeinschaftliche Lernfelder
Transfair: Langfristige gemeinschaftliche Lernstrukturen

Die bevorstehenden Rettungen werden unser Denken chaotisieren
Kapitalismuswirkungen und Zukunftsangst: Altersvorsorge?
Der Mensch als neoliberale Unternehmerfigur – in Gesellschaft?

Romantische und moderne / postmoderne Gesellschaftsbilder
Konstruktion neuer Weltrettungsszenarios
Gemütlich alt werden können als Qualität


Each man kills the things, that he loves ... singt die Wirtin in Faßbinders Filmfassung von Querelle


 Ist nach einem Gedicht von Oscar Wilde ...

 
Some love too little, some too long,
Some sell, and others buy;
Some do the deed with many tears,
And some without a sigh:
For each man kills the thing he loves,
Yet each man does not die.

 
http://www.poetry-online.org/wilde_the_ballad_of_reading_goal.htm

fritz letsch theater gestalt pädagogik moderation: sozialwissenschaft rudel oder schwarm fritz @ joker-netz.de, http://www.fritz-letsch.de

debattieren als Methode der Kommunikation: Auch Wissenschaftsdebatte, ein Beispiel und Links zur Kritischen Theorie

Das Bündnis zur Erneuerung der Demokratie in München hatte

HHB Hildegard Hamm-Brücher war als Schirmfrau im Bündnis zur Erneuerung der Demokratie

2004 - 2005 Höhepunkt der Aktivitäten auf der BUGA München und regelmäßig öffentliches Debattieren beim Streetlife-Festival,

Pressekonferenz im Ratskeller, ausführliches Interview Hildegard Hamm-Brücher Radio Lora mit Eva Strasser http://www.lora924.de

Rathausbeschluss München, nach den Bauarbeiten auf dem Marienhof hinter dem Rathaus (der vielleicht bis dahin endlich Kurt Eisner-Platz heißt, einen festen Platz zum öffentlichen Debattieren einzurichten, um eine demokratische Kultur abzubilden …

geboren am 11. Mai 1921, aufgewachsen in Berlin Dahlem, wo Martin Niemöller Pfarrer war, 1933-39 in Dresden und Salem https://de.wikipedia.org/wiki/Hildegard_Hamm-Br%C3%BCcher

HHB: Freiheit ist mehr als ein Wort: Eine Lebensbilanz 1921 - 1996

Im Bündnis zur Erneuerung der Demokratie hatten wir auch intensiven Austausch mit den studentischen Gruppen, die damals auf einen Impuls der ZEIT das Debattieren nach den britischen Stilen anregten und verbreiteten.


Wissenschaftsdebatte 2009 / Science Debate Germany 2009

Vielen Dank, dass Sie die Wissenschaftsdebatte in Deutschland beleben wollen. Nehmen Sie sich Zeit fuer das Ausfuellen des Fragebogens. Je deutlicher Sie ihre Wuensche, Thesen und Ideen formulieren, desto mehr Substanz wird die Debatte bekommen.


Die Fragen
warten auch auf deine Antworten, meine folgen hier:

Thesen

Kaum ein Ausbildungsbetrieb ist so herunter gehungert wie die bayrischen Hochschulen, die daneben ja auch noch Forschung bringen sollten … und von politischen Interessen der Leistungsideologen in den Hierarchien blockiert: 

Ein System der Selbstzerstörung, das sich selbst nicht retten kann. Am Ende kommen Berater … und verkaufen per Bertelsmann den Rest, werden sich aber wundern, dass sie kaum jemand zu entlassen finden.

Bildungspolitik wäre etwas ganz anderes: Eigenes Lernen anregen und begleiten, Strukturen für gemeinschaftliches Forschen schaffen, Bilder für eine zukunftsorientierte Gesellschaft entwerfen … statt Krisenmanagement.

Klare Trennung von Auftragsforschung und staatlich geförderter Grundlagenforschung, bessere Grundausstattung der Berufsausbildungen, Raum und Begleitung für Eigeninitiativ- Forschung und Außenseiter-Positionen,

Die größte Kompetenz liegt sicher in der Rüstungsindustrie, aber die wird uns nicht wirklich weiterbringen, kann aber vielleicht bald günstig ins Ausland verkauft werden.

Wenn sich die Forschung an die Struktur der Politik heranwagt, wird sie sehr schnell die Mechanismen durchschauen, was umgekehrt eher nicht in Frage kommen wird. 

Dann wäre es noch ein weiterer Schritt, sich der politischen Strukturerkenntnisse zu bedienen, und gemeinschaftlich eigene Entwicklungsziele durchzusetzen.

Neue offenere Zeitstrukturen und tatsächlich konzentrierte Arbeitsphasen, mehrjährige Projekte mit intensivem Praxisbezug

Wissen und Ausbildung steht in regionalen Zentren und offenen Schulen als öffentlichen Lern- und Forschungsarbeitsplätzen jeder Frage offen, ist durch offene Bibliotheken und Arbeitskreise in der interessierten Bevölkerung zugänglich und dialogfähig.

Die bisherige Sparpolitik hat viele Grundlagen begrenzt: Schulentwicklung (bei 100 Jahren Schulreform-Tradition in Deutschland, immer noch nicht in der Breite angekommen, sondern ideologisch verweigert)

Hochschulentwicklung: 

Erweiterung der Forschungsrichtungen statt der Lehrpläne, Schaffung von kommunikationsfähigen Strukturen zwischen den Fachrichtungen.

Rückschrittliche Geschäfts- orientierte Denkmodelle sind keine Diskussionsgrundlage: 

Eine bisher staatlich gestützte Uranpolitik, deren letzte Logik Uran- und Plutonium-Waffen sind, und deren einzige "Entsorgung" die "Endlagerung" in den geschlossenen Städten des Ostens zu werden scheint, ist selbst kaum rentabel, sondern lebt - einschließlich ihrer nie gesicherten Schadensregulierung - nur vom staatlichen Tropf. 

Auch eine kurzsichtige Zucker-Ethanol-Lösung wird uns nicht weiterbringen: Die Sucht-Strukturen unserer Konsumwirtschaft sind aufzulösen, damit eine breite nachhaltige Versorgung möglich wird.

Nachhaltigkeit im Denken
und Unterstützung der Interessen der Einzelnen statt der Energie- raubenden Märkte können unseren Lebensstil intelligenter machen, was ganz von selbst den falsch subventionierten Großverbrauch (Kerosinsteuer, Billig-Importe ...) verringern kann.

Wenn die Verantwortung der Forschung auch für die möglichen Schäden (Gen-Mais - Bienen z.B.) klar definiert wird, und Patent-Politik gegen Kleinbauern und Saatgut-Abhängigkeit veröffentlicht ist, sind die Geschäfte sehr schnell geringer und wird der Zynismus der "Welternährung" durch genmanipuliertes Saatgut schnell durchsichtig. 

Die Ablehnung in der Bevölkerung ist klar, nur in der Lobby noch nicht.


Nachdem die Ethik-Kommissionen eingerichtet wurden, ist von ihrer Arbeit und Auseinandersetzung kaum mehr zu hören. Dort sollten die Dialoge so offen kommuniziert werden, dass neue Entwicklungen möglich werden.

Wenn die Risikoforschung zur Nano-Technologie nicht mit gleichen Mitteln gefördert wird, werden die BürgerInnen zum Versuchsfeld. Im Gegensatz zur Informationstechnologie, wo wir der Feldforschung und Konsumentenerprobung durch Google und Microsoft auch etwas ausweichen können, sind die möglichen neuen Krankheiten meist nicht zurückzuverfolgen.

Schon vor vielen Jahren gab es eine kleine Bewegung zu Wissenschaftsläden, die aber nicht gefördert und integriert wurden und dann wieder aufgegeben wurden. 

Mit heutiger Technologie könnten sie ein Modell sein, an allen Schulen neue offene Wissenspunkte zu bilden, die natürlich durch Beratende moderiert und zu Bildungsberatungsstellen entwickelt werden können und zu weiteren Netzen qualifizierten Zugang geben. 

Nach meiner Mitwirkung an einer Studie zur Risiko-Einschätzung

und nach langjähriger Arbeit als Lehrbeauftragter an verschiedenen Hochschulen erlebte ich den Umbau zur Berufsbildung, den Adorno "Halbbildung" genannt hatte:  Begrenzter Blick auf Beruf und vielleicht Geschäft, aber kaum in die Welt und die Auswirkungen und Rahmenbedingungen der Arbeit, Folgenabschätzung als Feigenblatt. 

Kritische Theorie

Die Kritische Theorie wird in Täuschland auch oft als „Frankfurter Schule“ aus den 1920er Jahren bezeichnet, mit Bezug auf Max Horkheimer, Theodor W. Adorno, Herbert Marcuse, Leo Löwenthal und Erich Fromm, Emigrierte natürlich, der Psychoanalyse verbunden, und wurde von den etablierten ärztlichen und konservativen Kreisen in Deutschland dafür weitgehend ignoriert.

In der englisch-sprachigen Akademie-Literatur ist sehr viel mehr zur Kritischen Theorie und zur Pädagogik der Unterdrückten als Kritische Praxis mit dem Forumtheater zu finden: Originale und Übersetzungs-Anfänge

Was ist Kritische Pädagogik? E. Wayne Ross 2008

Das vielleicht herausragendste Element der kritischen Pädagogik ist das Ziel, die Menschen zu befähigen, ihre Welt zu verändern.

Es gibt keine einheitliche Definition der kritischen Pädagogik, da Pädagogen und Theoretiker das Konzept im Laufe der Jahre verändert haben, indem sie neue Ansätze zum Verständnis und zur Veränderung der Welt eingesetzt haben.

Kritische Pädagogik bezieht sich normalerweise auf pädagogische Theorie, Lehre und Lernpraktiken, die darauf abzielen, das kritische Bewusstsein der Lernenden in Bezug auf unterdrückende soziale Bedingungen zu stärken.

Die kritische Pädagogik konzentriert sich auf die Entwicklung eines kritischen Bewusstseins sowohl für die „persönliche Befreiung“ als auch für kollektives politisches Handeln, um unterdrückende soziale Bedingungen zu überwinden und eine egalitärere, sozial gerechtere Welt zu schaffen.

Eine kritische Pädagogik ermutigt Schüler und Lehrer, die miteinander verbundenen Beziehungen zwischen Wissen, Kultur, Autorität, Ideologie und Macht zu verstehen.

Das Verständnis dieser Beziehungen erleichtert wiederum die Anerkennung, Kritik und Transformation bestehender undemokratischer sozialer Praktiken und institutioneller Strukturen, die Ungleichheiten und unterdrückende soziale Beziehungen erzeugen und aufrechterhalten.

Weiter: https://paulo-freire-muenchen.blogspot.com/2020/12/was-ist-kritische-padagogik-e-wayne.html

Andreas Gruschka: Kritische Theorie und Pädagogik - Eine Begegnung und ihre Folgen - 1988 - https://www.widersprueche-zeitschrift.de/article424.html - Ein westdeutscher Männerhaufen?


Bewußtseinsbildung in der Theaterarbeit - Texte zu Paulo Freire

In internationalen Hochschulen gehört die Pädagogik der Unterdrückten von Paulo Freire als Beitrag des Südens zur Kritischen Praxis zur Kritischen Theorie, die sich hierzulande auf die Philosophische Theorie zurückgezogen hat.

Weil ja Begriffe die „Griffe sein sollen, die Welt zu verändern“, wie einmal Bert Brecht zugeschrieben wurde, such ich nach den besten Begriffen, die zwischen Bewusstseinsbildung im Forumtheater und Kritischer Praxis liegen, denn in der Kritischen Theorie wird hierzulande mehr über Adornos Gedanken philosophiert, statt über unsere kommende Zukunft. Dazu kommt seit Langem auch die Kritische Gestalt als Praxis der Kritischen therapeutischen Arbeit, Lebensform und Psychotherapie.

Forumtheater ist eine Bildungs-Praxis zur Kritischen Theorie

Paulo Freire hatte die Grundlegungen von gemeinschaftlichen Gestaltung wie bei Martin Buber, von dessen Freund Gustav Landauer und Antonio Gramsci in die Pädagogik der Unterdrückten aufgenommen, ein lernendes Menschenbild entgegen unserer deutschen Stoff-Kanons, die immer noch in „Hoch“-Schulen“ verabreicht werden.

Befreiung und Menschlichkeit

Emanzipatorische Methoden in der politischen Bildung

Bewußtseinsbildung in der Theaterarbeit
Auszug aus dem Buch "Befreiung und Menschlichkeit, Texte zu Paulo Freire", Hrsg. von Heinz Schulze bei der AG SPAK München
Mit dem Theater der Unterdrückten hat Augusto Boal eine Methodenreihe nach Europa gebracht, die vor seinem Exil in politischer Theaterarbeit und in der Alfabetisierung entstanden und angewandt worden war.  Seine Seminare, vor allem in der SchauspielerInnen-Fortbildung, aber auch mit offenen Interessiertengruppen organisiert, vermitteln neben den Methoden auch den Kontext der südamerikanischen Herkunft und ihrer politischen Heimat.
Schon das Wort 'Unterdrückung' teilt in der Anwendung in Europa die Reaktionen in Interesse oder schnelle Ablehnung. Gymnasialdirektoren und Institutsleiter wittern schon Agitation oder Probleme mit Vorgesetzten, wenn allein der Titel im Programm auftaucht. Andererseits hat sich inzwischen eine breite 'Welt-Arbeits-Ebene' zwischen Kirchen und Parteien aufgebaut, die diese Worte sofort mit der eigenen Arbeit verbindet und das Theater der Unterdrückten in die eigene Methodik aufnimmt.
Ein weiterer Aufwind für die Verbreitung der Methoden, Theater zu den eigenen Themen selbst zu entwickeln, liegt in der Bereitschaft, vor allem in der politischen Jugend- und Erwachsenenbildung neue musische Formen aufzunehmen.  Auf diesem Weg geraten Bewusstseinsbildung und emanzipatorische Pädagogik durch die Hintertür in die weitgehend unreflektierten autoritären Strukturen und erweisen sich als Sprengstoff.
Aber auch die grundsätzliche Arbeitsweise erscheint vielen Veranstaltern fremd, aber interessant: Mit Körperarbeit einzusteigen, die Befindlichkeit, den Ausdruck und die Gestaltungsfreude anzusprechen und davon ausgehend die Themen vom Persönlichen im Politischen zu verankern, erscheint manchmal als zu hoher Anspruch, lässt sich aber als Arbeitsrichtung sicher definieren.
In dieser Arbeitsrichtung liegt auch der wichtigste Unterschied zu ähnlichen Ansätzen wie Psychodrama und entsprechender Überformungen wie z.B. Bibliodrama, die von einem gemeinsamen Thema in die Tiefen der Person gehen, statt die gesellschaftliche Dimension in den Blick zu nehmen.
Auch TeilnehmerInnen, die keine Vorerfahrungen mit Theaterarbeit haben, sind anfangs vielleicht irritiert:
Von der Anfangsrunde:
Im Stehen von Fußsohle bis Scheitel den eigenen Körper, seine Beweglichkeit und seine Ausdrucksmittel wahrnehmen,
in Partnerübungen so miteinander vertraut werden, daß ein selbstverständlicher Umgang miteinander bis zum STATUENTHEATER führen kann...
... bis zur Darstellung eigener Anteile von Druck und Unterdrückung in den Statuenbildern der Teilnehmenden zum jeweiligen Thema geht es sehr schnell in die persönlich empfundenen generativen Themen, die aber auch gemeinsame Erfahrung sind.
Diese Bilder lassen sich mit verschiedenen Umgangsweisen verschärfen und vertiefen: In mehreren Folgebildern, in Gegenbildern, in Veränderungsversuchen, mit assoziierten Aussagen oder gesprochenen Gedanken. Dabei steht immer die Suche nach genauerem Verständnis der Szene und den Hintergründen eines Vorganges im Mittelpunkt.
Beim FORUMTHEATER werden dann die Statuen um eigene Texte erweitert, um eine Situation dann auch bewegt auf die Bühne zu stellen. Eine Situation von Unterdrückung wird dem Publikum so vorgestellt, daß eine möglichst klare Beziehung zwischen 'Opfer' und 'Täter' entsteht.  Das Publikum erhält durch einen Spielleiter oder Joker die Möglichkeit, in die Rolle des Opfers zu gehen und sie zu verändern. Den Unterdrücker auszutauschen hieße, die Situation künstlich zu entschärfen oder aufzuladen, sehr oft wird auch eine Retterfigur aus dem Publikum vorgeschlagen, die aber eine Emanzipation, eine eigene Befreiung des Opfers eher verhindern würde.
Mit dieser Methode können vom Joker verschiedene Reaktionsmöglichkeiten erprobt werden, bis das Publikum das Gefühl hat, das Thema bewältigt zu haben. Falls ein Eingreifen nicht möglich erscheint, muß vielleicht der Rahmen der Szene verändert werden: in Bild vorher, eine Unterteilung in mehrere Bilder, ein Folgebild. Manchmal hilft auch eine Ritualisierung, ein Ablauf in Zeitlupe oder mit Zeitraffer, oder die Heraushebung bestimmender Symbole und Verhaltensweisen.
Nachdem ein Thema mit dieser Arbeitsweise erschlossen ist, kann es mit anderen Methoden in dramatische Form für ein weiteres Publikum gebracht werden. Bauerntheater und Volkstheater sind alte Mittel dazu, Modell Lindenstraße eine Neuentwicklung; unsichtbares Theater ist mir vor allem eine Möglichkeit, die Wahrnehmung der SchauspielerInnen an einem ahnungslosen Publikum zu überprüfen.
Im Überblick der schwierigsten Themen der letzten Jahre habe ich einen TABUKATALOG zusammengestellt, eine Faustregel für Unterdrückung und ein Wegweiser zur Kultur des Schweigens:
Der Daumen steht bei den Handlinien für das Ich, in meiner Faustregel für die Sexualität. Keine Lernorte, keine angenehme Sprache, aber gezielte Vermarktung und massive Personenzerstörung durch Anreizung, Moral und Schuldgefühle sind die deutlichsten Anzeichen.
Der Zeigefinger wird für das Du benutzt, in meiner Faustregel für das Thema Geld, das unsere Beziehungen bestimmt. Von den Sprüchen "Geld verdirbt die Freundschaft" und "Über Geld spricht man nicht, Geld hat man" bis zur Frage nach Reichtums- und Klassenunterschieden und das geistige Verbot des Wortes 'Kapitalismus' ist es von Geheimniskrämerei umgeben und könnte unsere Beziehungen sehr gut offenlegen.
Der Mittelfinger ist dem Thema Religion oder auch dem Sinn des Lebens zugeordnet. Entweder das Fertigpack einer Konfession, oder die Do-it-yourself-Version von Atheismus und Freidenkern; Taufe, Initiation, Hochzeitsritus und Begräbnis inbegriffen oder nicht... ein offenes Gespräch jenseits der Vokabeln der Pfarrer ist kaum möglich.
Der Ringfinger ist den längerfristigen Beziehungen zugeordnet, in meiner Arbeit den Themen Krankheit, Tod, Abschied, also den Störungen dabei. Vor allem die Trauer, die Zulässigkeit tiefer Gefühle und ihr gesellschaftlicher Ausdruck sind so behindert, daß Beerdigungen und Abschiede sehr oft in peinlichen Formalismen steckenbleiben.
Der kleine Finger übernimmt die restlichen Themen von abweichendem Verhalten: Anders sein. Lesbisch oder schwul, behindert oder farbig, andersgläubig oder für eine Gesellschaft unpassend, alle Außenseiter wie auch Berühmtheiten, inbegriffen. Die Angst vor dem Fremden bleibt sprachlos und aggressiv, wird in Witzen und Unterstellungen oberflächlich abgehandelt.
Gemeinsame Eigenschaften aller Tabus: Es fehlt die Sprache, sie wirklich treffend anzupacken, gleichzeitig liegt eine Geschwätzigkeit der Ablenkung darüber. Paulo Freire verwendet die Begriffe 'Mythos' und 'Kultur des Schweigens': Wir haben immer gute Gründe, nicht darüber zu reden. Wenn wir es trotzdem wollen, geht es nicht: Wir kommen vom Thema ab, werden unruhig, müssen rauchen... Wenn wir plötzlich müde werden, gähnen, Kopfschmerzen bekommen - und auf einmal gar nicht mehr wissen, was wir gerade wollten: dann haben sie gut gearbeitet, unsere Polizisten im Kopf.
Es ist gut, viel über sie zu wissen, aber es ist so unsinnig wie bewaffneter Kampf gegen Panzerwagen, wie Militär gegen Terrorismus, mit Gewalt gegen sie losziehen zu wollen. Weil sie von unserer eigenen Angst genährt sind, können wir sie nur sanft und nach ihren eigenen Prinzipien, mit gewaltfreier Methodik und Intelligenz, überlisten.
Bürger beobachten ihre Polizei: Frauen und Männer haben verschieden arbeitende PolizistInnen im Kopf, eine Frauengruppe kommt zuerst einmal tiefer an die persönlichen Themen, aber um so klarer ist dann auch da wieder plötzlich Schluß. Verschiedene Gesellschaftsschichten lernen jeweils eigene Taburahmen, so daß sich gemischte Gruppen helfen könnten... Aber wir haben für jedes Thema unsere ähnlichen Verläufe vorgezeichnet: vermeiden, verkomplizieren, für aussichtslos erklären, anderen die Schuld zuweisen, es durch Erfahrung als naturgegeben hinstellen, ablenken.
Die Palette unserer polizeilichen Eingriffe geht dann von den Umleitungen der Gedanken über die Aufforderung zur Versammlungsauflösung zu den härteren Maßnahmen: Kopfschmerzen, Anspannungen und Krampfungen im Körper, Erkältungen, Migräne etc. bis an die kräftigen Charakterpanzerungen unserer Muskulatur, wie sie Wilhelm Reich im Einzelnen beschrieben hat, wie sie in der Gestalttherapie von innen gelöst werden.
Und damit in die Theaterarbeit?
Zu diesen Themengruppen wird Theater immer interessant und gerät nicht zur leeren Unterhaltung, die diesen heißen Fragen ausweichen will. Kleingruppen können dazu kurze Szenen oder Statuen entwickeln, die dann im Plenum gemeinsam bearbeitet werden:
1) Ein junger Mann verabschiedet an der Bushaltestelle seine Freundin, trifft dabei eine alte Freundin, sie freuen sich, sich nach langer Zeit wiederzusehen. In einer zweiten Szene sitzt er mit seiner Freundin beim Abendbrot und druckst herum: Daß er die andere wieder getroffen habe, bei ihr zum Abendessen war, dann noch geblieben war, weil sie so viel zu erzählen hatten... Natürlich habe er bei ihr dann übernachtet, natürlich haben sie miteinander geschlafen...(Ende)
2) Ein Student wird von seinen Eltern mit Zuwendungen "in bar" gezwungen, regelmäßig nach Hause zu kommen und ihre Ermahnungen über sich ergehen zu lassen. Die Szene zeigt die monatliche freundliche Geldüberreichung. Eine Steigerung kurz vor der Silberhochzeit der Eltern: Er kommt mit neuem Haarschnitt (kurz, nur eine kleine Locke) nach Hause. Seine Mutter: "Wie kannst du uns das antun..." Er hat seitdem Magenschmerzen.
3) Piep, piep, piep, wir haben uns alle lieb, jeder esse, was er kann... Eine Gruppe von 5 Personen sitzt um einen gedeckten Tisch, sie halten sich die Hände zum kindlichen 'Tischgebet', sind aber in ihren Minen gar nicht lieb: gelangweilt, müde, abweisend... Für die Seminargruppe war das ein sofort klares Bild: das Ritual wurde einiger Kinder wegen eingeführt und mußte von allen mit gemischten Gefühlen mitgespielt werden. Thema dahinter: was wäre ein angemessenes Tischgebet/Essensritual?
4) Eine junge Frau stellt die Trauergemeinde um ein Grab und sich selbst in den Hintergrund. Ihr Freund war beim Motorradunfall gestorben, seine Familile hat sie nicht richtig gekannt, sie ist mit ihrer Trauer alleine.
5) Ein Ausländer sucht eine Wohnung; bei den Besichtigungsterminen fällt er immer aus der engeren Wahl, sobald die Hausverwalter merken, daß er nicht-deutsch ist.
Die Weiterarbeit an den Szenen orientiert sich an den Inhalten oder den Darstellungsformen: Aus den Statuen und Bildern können wir mit Gegenbildern, Folgebildern, Vor-Bildern oder anderen Umgangsweisen klarere Verläufe zeigen: Die TeilnehmerInnen äußern ihre Assoziationen, legen den Figuren Sätze 'in den Mund', stellen offene Fragen. In einer Folge von Bildern können Teilnehmende auch versuchen, den 'Fall' zu klären, Verhaltensweisen zu entschlüsseln. In Zeitlupe oder im Zeitraffer kann ein Verlauf in seiner Struktur verdeutlicht werden.
FORUMTHEATER stellt das gespielte Kurz-Stück mit Hilfe einer Spielleitung dem Publikum vor und fordert es auf, die unterdrückte Figur zu ersetzen, die Rolle aber möglichst genau aufzunehmen, in der entscheidenden Situation aber dann gegen die Unterdrückung anzusprechen. Wenn ein Publikum nicht nach dem ersten/ zweiten Vorspiel reagiert, bekommt es nocheinmal - in verkürzter und vereinfachter Version - das Hauptthema vorgespielt (notfalls mehrmals). Die Aufgabe des Jokers ist das Gespräch mit dem Publikum, in den Fragen nach Kernthemen, Lösungswegen und Verständlichkeit des Problems, bis er /sie den Eindruck hat, das Thema ist genügend präsent und erschlossen.
DER POLIZIST IM KOPF ist eine Reihe von Methoden, die ähnlich dem Forumtheater auf die Suche nach den Kernen der Unterdrückung geht und in der jeweiligen Situation die persönlichen Anteile und die gesellschaftlichen Bedingungen zu trennen versucht. Voraussetzung ist dabei die Eröffnung des gemeinsamen Spielfeldes, auch der Sprache, um tabuisierte Themen von den persönlichen Grenzen zu lösen und sie der Gruppe als gemeinsame Aufgabe zur Verfügung zu stellen.
Der REGENBOGEN DER WÜNSCHE versucht, unsere verschiedenen Gefühlsanteile in einer Spielhaltung auseinanderzulegen und als Kombination verschiedener eigener Antriebe nebeneinander und gleichzeitig zu begreifen. Er kann bei etwas Zeit und Ruhe klären, welche gegensätzlichen Mischungen unser Verhalten beeinflussen und unsicher, undeutlich und mißverständlich werden lassen.
Beide Methoden (Polizist und Regenbogen) gehen an die Tabuthemen, um den gesellschaftlichen Verdrängungsmechanismus aufzudecken und zu zeigen, wie mit dem Verschweigesystem Unterdrückung institutionalisiert wird.
Vier andere Methoden möchte ich nur kurz anreißen:
- MÄRCHEN UND SYMBOLGESCHICHTEN helfen uns, in üblicher Verpackung und Zeichensprache über heiße Themen zu arbeiten. Mythen und Mythologien stehen als Schlüssel zu bestimmten Fragen (Religion, Sexualität...) zur Verfügung. Werden sie wie heilige Kühe behandelt, wirken sie verdummend, werden sie ins Spiel gebracht, können sie hilfreich sein.
- NARR UND CLOWN sind die verzauberten Dummen der Wahrheit. Sie haben besondere Rechte, weil sie weniger 'ernst' genommen werden, sich selbst weiter an tiefe Themen wagen, weniger Ehrfurcht haben und die richtigen dummen Fragen stellen.
- ABSURDES gibt vor allem aus der Literatur die Möglichkeit, ungewöhnliche Worte, Themen, Sätze zu kombinieren und damit zu neuen Ideen zu kommen. Eine Gefahr dabei ist, daß viele Produkte dieser Arbeitsweise 'schön' sind und in ihrer Befremdlichkeit stehenbleiben, ohne zu Konsequenzen zu führen.
- VERFREMDUNG ist z.B. die Verlagerung eines Verlaufs in eine andere Umwelt/Schicht/Zeit... oder eine ähnliche Versetzung eines erkannten Zusammenhangs. Rituale, die wir in einem bestimmten Kontext entwickeln, sind vielleicht in anderer Umgebung unsinnig, menschenfeindlich oder unzeitgemäß. In verfremdeter Darstellung können solche Riten und Gewohnheiten zerlegt werden. Aus den dahinterliegenden Bedürfnissen sollten dann neue Regeln für den gemeinsamen Umgang mit schwierigen Themen gefunden werden.
Für größere, öffentliche Auftritte, habe ich vier Formen parat, die ich mit Beispielen kurz vorstellen will:
BAUERNTHEATER entwickelt sich mit Landjugendgruppen fast selbständig, wenn sie ihre Bezüge und heißen Themen in Statuen- und Forumtheater vorstellen und kombinieren. Mutter steht am Herd und legt Knödel ein, Tochter kommt von der Kirche heim und erzählt, daß sie ihren Freund Franz - Student und bei den Grünen - vorstellen will, der Vater ist noch am CSU-Stammtisch, Großmutter redet schon vom Heiraten, dann kommt...
MODELL LINDENSTRASSE entstand mit braven Kirchenjugendlichen, die im Original nicht richtig loslegen wollten. Indem ihnen eine sehr gegensätzliche Rolle (Porsche-Angeber, etwas leichte Mädchen, Alkoholiker, Fiesling, schüchterne E.) mit den Feinheiten: Name, Familienherkunft, Alter, innere Einstellung, Beruf, Lebenssituation -... als vollständige Rolle vorgegeben wurde (oder mit eineR PartnerIn entwickelt werden konnte), kann die Gruppe im Nu jeden aktuellen Impuls aufgreifen und zu jedem Thema aus diesen Rollen improvisieren (Abtreibung, DDR, EG, Asyl...). Als "Jugendgruppe St. Anton" spielen sie seitdem regelmäßig in verschiedenen eigenen Veranstaltungen.
VOLKSTHEATER ist in der Anlage dem Bauerntheater ähnlich, geht für mich aber auch in andere Zeiten und andere Schichten: Ob geschichtliches, herrschaftliches, proletarisches, hat Volkstheater schon immer die Aufgabe und den Reiz der heißen Themen gekannt, bevor es für die reine Unterhaltung als dümmlich-witziges Spielen kastriert wurde. In Italienisch auch: Die Commedia de'll Arte.
STRASSENAKTIONEN haben den Anspruch, ein Thema "richtig rüberzubringen". Das Problem der Rüstungsexporte führte auf dem Katholikentag Aachen 88 zu einer "Wallfahrt der Rüstungsindustrie" für mehr Kriege und Spannungsfelder, in der ein riesiges goldenes Kalb verehrt und mit Musik und Litaneien (Money makes the world go around) durch die Menge der staunenden Gläubigen zog.
Die erste Aufgabe der Theater- und Schauspielausbildung ist WAHRNEHMUNG ÜBEN. Dazu gehört, genauer zu schauen, wo man annimmt, schon zu wissen; genauer zu hören, zu spüren, weiter zu forschen. Dazu gehört auch, die gelernten Konventionen zu verlassen und nach den Grenzen als Aufgabe zu schauen. Die auftretenden Irritationen sind nicht immer leicht auszuhalten, darum ist sicher eine Gruppe oder ein Projekt nötig, nicht selbst irre zu werden, sondern den Irrsinn unserer Gesellschaft klar zu erkennen. Mit den Stufen des BEGREIFENS, WAS IST beginnt die Grundlage für BEWUSSTSEIN BILDEN als Weg zu VERÄNDERUNG LERNEN.
BEGREIFEN, WAS IST heißt in unserer Arbeit, das Wahrgenommene in die eigene Lebenssicht einzuordnen und die Schnittstellen zur Sicht anderer Personen und zu ihren Mythen und Ideologien abzugrenzen. Es heißt auch, das eigene Bild der Anderen zu untersuchen, wobei uns das UNSICHTBARE THEATER behilflich sein kann. Wir schätzen Reaktionen eines Publikums ein, das nicht von unsererem Theaterspiel weiß, und erleben dann seine wirkliche Art, uns zu antworten. Unsichtbares Theater ist dazu wichtig, wenn wir Themen der Unterdrückung aufgreifen, die bei uns hierzulande viel tiefer im Psychologischen als im Militärischen angesiedelt sind und natürlich entsprechend tabu. BEWUSSTSEIN BILDEN ist für mich der ständig wache Anspruch, auf mich einwirkende Impulse in meine Lebenssicht einzuordnen und meine Art des Umgangs damit auch im Blick zu behalten. Dazu gehört selbstverständlich vom kleinen Zusammenhang von Haushalt und Ökologie bis zu internationalen Themen und Weltordnungsansprüchen die gesamte Spanne von Zusammenhängen und Themen. Die Bescheidenheit der eigenen Ansprüche kommt beim Versuch VERÄNDERUNG LERNEN bald dazu: Wenn ich mein eigenes Verhalten, meine Stimmungen und meine Muster kenne (und mit Hilfe anderer genauer kennenlerne), kann ich die ersten Schritte meiner Veränderungen erlernen.
Ein schönes Modell in diesem Bereich ist die Arbeit von Moshe Feldenkrais: Bewußtsein durch Bewegung, die für mich durchaus schnell in die politische Situation und Arbeit zu übersetzen ist: Je genauer ich meine eigenen Verhaltensweisen kenne und je genauer ich die Situation anderer einschätzen kann, umso genauer kann ich auch meine politische Tätigkeit ansiedeln, um von meiner Veränderung zur Änderungshilfe für andere zu kommen. Das ist für mich die Grundlage, BEFREIUNG zu ERMÖGLICHEN, sowohl für mich, uns, als auch für andere. Befreit werden müssen dabei nicht nur Unterdrückte, um zu gerechten Lebenschancen zu kommen; befreit werden müssen vor allem auch Unterdrückte, um aus phantasielosem Konsum zu einem freieren solidarischen Leben zu gelangen. Servus
Weiterführende Literatur:
Zur Pädagogik der Unterdrückten
Paulo Freire: Pädagogik der Unterdrückten FISCHER TB
Heinz Schulze: Befreiung und Menschlichkeit, Texte zu Paulo Freire, AG SPAK München 1991
Zum Theater der Unterdrückten
Augusto Boal: Theater der Unterdrückten, SUHRKAMP Neue Folge 361, Frankfurt 1989
Augusto Boal: Der Regenbogen der Wünsche, Methoden aus Theater und Therapie, Kallmeyer
Fritz Letsch: Theater macht Politik, Die Methoden des Theater der Unterdrückten in der Bildungsarbeit, Gautinger Protokolle im Institut für Jugendarbeit des BJR Gauting jetzt bei http://www.agspak-buecher.de

 

 

Forumtheater aus den Themen der Teilnehmenden: Tabu und Grenzen

Forumtheater ist die zentrale Methode im Theater der Unterdrückten von Augusto Boal auf Grundlage der Bewusstseinsbildung und der Befreienden Pädagogik von Paulo Freire als Kritische Praxis zur kritischen Theorie.

Grundlagen:

  • Statuen bauen
  • Generative Themen
  • Forum-Themen vorschlagen
  • Szenen entscheiden und entwickeln
  • Szene durchspielen und Ablauf verfestigen
  • Charaktere in Übungen vertiefen und sichern

Forum war immer schon eine Runde ... im Gespräch

Die feste Bestuhlung macht leider aus vielen Theatern einen Vortragssaal, und immer, wenn alle einer Person zuhören sollen, werden automatisch alle Stühle im Raum wie in einem Kino aufgestellt, in Reihen.

Mit Hinterköpfen kann ich nicht sprechen. Stühle im Kreis machen manchen Leuten Angst:
Du siehst alle, alle sehen dich.

Eins meiner schönsten Erlebnisse:

Im Senatssaal des Bayrischen Landtags bauten wir für einen Forum-Theater-Abend die Bühne an der Seitenwand, und die Mitarbeitenden des Landtags begannen, unseren Aufbau zu fotografieren und notieren:
Das hatten sie noch nie erlebt, das wollten sie zuerst auch nicht erlauben aber jetzt gelegentlich auch für andere Veranstaltungen versuchen.
Während dem späteren Umbau des Plenarsaales HERRSCHTE dann aber wieder die frontale, angeblich feuerpolizeilich ausgerichtete Ordnung.

Theater im Forum kann unsere Themen in ein Gespräch bringen:

Nix für Einzel-Vortanz-Künstler!

Sie entstehen immer neu aus den generativen Themen der Teilnehmenden,
und oft als Antwort auf eine schlichte Frage: Was hat dich zuletzt geärgert?
Wo fühlst du dich am meisten unter Druck?
Wie ist für dich eine typische Haltung von "Unter Druck sein"?

Aus einer einzelnen Statue kann eine dialogische Szene entstehen,
wenn wir ein Gegenüber hinzufügen, vielleicht in mechanischer Reaktion andauernder Wiederholung.

Wenn die Szene klar und verständlich ist, wird das Publikum sofort darauf reagieren.
Dafür brauchen wir manchmal Hinweise des Joker, (bzw. dieser vorher die Information der aufstellenden Person), auf welchen kulturellen Denk-und Sprachhorizonten die Situation entstanden ist: Alter, Rolle, Bindungen, Verbote, ...


Das Forumtheater ist die zentrale Methode im Theater der Unterdrückten, entwickelt von Augusto Boal, Rio de Janeiro.
Es stellt dem Publikum eine Szene vor, die schlecht und unbefriedigend endet. Eine Joker-Figur ermutigt das Publikum, diese Szenen im Dialog zu einem besseren Ende zu bringen.

Im Forumtheater werden vor allem durch zugespitzte "Modellszenen" Fragen aufgeworfen. Die Modelle werden meist in offenen Workshops aus den generativen Themen der Teilnehmenden entwickelt.

Zusehende können sich in die dargestellten Szenen einwechseln und die Schauspielenden, die Schwache, Diskriminierte oder Benachteiligte spielen, ersetzen. Hier geht es um die Antworten auf Fragen: was würde ich in der dargestellten gespielten Situation tun? Wie können wir durch unsere Ideen und unser Handeln die Szenen verändern? Forumtheater als (ästhetisches) Training für zukünftiges Handeln in brisanten Konfliktsituationen.

Mit dem Forumtheater kann jede Problemstellung der Teilnehmenden - von diesen ausgesprochen und ins Bild gebracht - von ihnen selbst durch das Spiel der anderen distanziert - durch das identifizierende Handeln des Publikums verändert werden.


Bei Paulo Freire in der Pädagogik der Unterdrückten sind generative Themen die Themen der Lernenden und Teilnehmenden im gemeinschaftlichen Prozess, die Hinweise geben auf die Hintergründe ihrer Lebens-Situationen und Interessen. 


Ausführliche Darstellung mit Beispielen in der Bewusstseinsbildung

Meine nun leicht überarbeitete Version 26. Jun. 2004 in Wikipedia,
dorthin führen auch die meisten dieser Links.
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Bild von http://www.theatreoftheoppressed.org - dort war früher ein ausführlicher englischer Text, vielleicht noch bei Joel? 

 Tabu und Grenzen

Bei der Anleitung von hunderten Workshops zum Forumtheater nach Augusto Boal mit den verschiedensten Gruppen von Schulklassen bis Pfarrern entstand im Lauf der Jahre meine eigene Sammlung: Die Arbeit am Tabu war Tabu:

Die Arbeit am Tabu – meine Faustregel entstand aus der Praxis mit Gruppen:

Jede Gruppe braucht eine Phase der Aufwärmung und des Vertraut Werden, in der ich die ersten Arten des Arbeit am Ausdruck, an der Körperwahrnehmung und an der Arbeit mit Partner*n in zweier- dreier und fünfer- Konstellationen in Abwechslung mit der Gesamtgruppe (die bei guten Räumen auch mal bis zu 40 gehen konnte) abwechsle und für eine lockere Stimmung sorge.

Aber irgendwann brauchen wir Themen der Unterdrückung, die verändert werden sollten, und da gab es Phasen, in denen niemand ein Thema einbringen wollte. Zu wenig Vertrauen oder zu wenig Erfahrung?

Wenn die Gruppe eine fachlich ausgebildete wie in sozialer Arbeit, Jugendleitende, Lehrkräfte und Lehrschwestern, Psychotherapeut*innen etc. waren, die selbst als Theater-Anleitende arbeiten wollten, verriet ich ihnen den geheimen Katalog der Tabus als Orientierung, den nicht alle sonstigen kurz Teilnehmenden wissen mussten:

Theater wird nur interessant, wenn es die Tabus der Gesellschaft im Dilemma auf die Bühne bringt:

Die Faustregel steht auf Die Arbeit am Tabu, hier mehr die gesellschaftlichen Hintergründe: Und bitte: TABU!